Unfertig
Ich fühle mich im Moment wie ein Wanderer, der des Nachts durch einen niemals endenden Regen läuft, die Glieder bereits völlig nass, mit Schwielen an Füßen und Händen, doch immer weiter ziehend, niemals stehen bleibend und doch nicht wissend, wohin er geht. Ich fühle mich wie in einem riesigen Loch gefangen, mit Wänden, die zu hoch sind, um hinausklettern zu können und niemand da, der einem hilft, einem ein rettendes Seil zuwirft.
Ich fühle mich allein gelassen. Nicht von meinen Freunden, sondern von mir selbst, weil ich trotz jahrelanger Therapie immer noch nicht in der Lage bin, mich selbst zu lieben und zu wertschätzen, wie ich es eigentlich tun sollte. Ich bin wütend und sauer auf mich selbst, gebe mir an allem selbst die Schuld. Und meinen Eltern, die es nie geschafft haben, mir zu zeigen, dass ich ein wertvoller Mensch bin, sodass ich von nun an zu ewiger Einsamkeit verdammt bin, weil ich mir Dinge wünsche, die ich niemals finden werde. Weil ich versuche, das aufzuholen, was ich als Kind verpasst habe: Liebe, Geborgenheit, Sicherheit, Vertrauen. Nach dieser - nach wie vor - unfassbaren Trennungsgeschichte bin ich unglablich misstrauisch geworden, allem gegenüber. Ich habe meinen Glauben an echte Liebe, Freundschaft und Ehrlichkeit verloren und werde immer wieder darin bestätigt, dass ich richtig zu liegen scheine. Ich habe so eine Stinkwut in mir auf mich und alle anderen, auf alles, was momentan in meinem Leben so passiert. Ich weiß nicht, wohin mit all dieser Wut und denke jeden Tag daran, mich selbst zu verletzen, tue es aber dann doch nicht auf einem völlig unnützen Schulgefühl meiner Therapeutin gegenüber.
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