Montag, 24. Juni 2013
Dehospitalisiert
Heute ist der erste Tag seit Monaten, wo ich mal wieder darüber nachgedacht habe, mich selbst zu verletzen... Nicht so, dass ich es ernsthaft versucht hätte, aber zumindest habe ich darüber nachgedacht.

Anlass war Folgendes: Ich habe vor einigen Tagen wieder akute Schmerzen in beiden Brüsten bekommen. Diese Brustschmerzen hatte ich bereits vor einem Monat, bevor mir die Eierstocksyste entfernt wurde. Nach der OP sind sie verschwunden und plötzlich traten sie wieder auf, so schlimm, dass ich keinen Bügel-BH mehr anziehen kann. Zusammengenommen mit dem Fakt, dass mir vor 2 Tagen einen Tag lang ganz akut der linke Eierstock weh tat, der nicht operiert wurde (!) bekam ich es mit der Angst zu tun, dass dort irgendwas übersehen wurde oder sich nach der OP gebildet hat...
Meine Frauenärztin ist immer noch im Urlaub und ich dachte, es ist besser, in die Frauenklinik zu gehen, wo ich behandelt wurde, als zur Vertretungsärztin, die mich noch nie im Leben gesehen hat und null Informationen zu mir hat.
Als ich jedoch in der Frauenklinik ankam und meine Sorgen hervorbrachte, wurde ich von einem Arzt und einer Schwester 5 Minuten lang nieder gemacht, für wen ich mich halte, dort einfach aufzukreuzen, dass die Brüste mit dem Eierstock gar nichts zu tun haben und was ich denke, was sie denn da jetzt machen sollen. Sie schnauzten mich an, dass ich wenn dann nur mit Überweisungsschein kommen kann und dann auch nur zur Brustsprechstunde Dienstag und Freitag und ob ich das nicht weiß. Tatsächlich wusste ich nichts von alldem. Ich wusste auch nicht, dass man mich mit Schmerzen einfach so wieder auf die Straße setzen kann....Zumindest habe ich es mir in meinem Glauben an eine gerechte Welt einfach anders vorgestellt...

Auf dem Rückweg zum Auto war ich gebeutelt von Traurigkeit, Wut auf das Krankenhauspersonal, Wut auf mich selbst, auf meinen Körper, der mir im Moment nichts als Probleme bereitet...Damit verbunden dann auch die bereits erwähnten automatischen Gedanken an die Selbstverletzung. Vor allem aber war ich wie gelähmt von diesem Ohnmachtsgefühl, dass ich aus dem Krankenhaus geschickt werde, obwohl ich akute Schmerzen habe und nichts dagegen machen kann...
Im Auto brauchte ich 10 Minuten, bis ich allmählich mit Weinen aufhören und nach vorn sehen konnte. Ich rief die Vertretungsärztin an, wo man mir gleich zusicherte, dass ich nur vorbeikommen brauche und dort untersucht werde, dass das kein Problem sei. Also fuhr ich da hin und ließ mich von der älteren, aber recht netten Ärztin untersuchen. Diese nahm mir gleich einen Großteil meiner Angst, indem sie sagte, es kann an der hormonellen Neueinstellung meiner Eierstöcke liegen, es kann aber auch sein, dass tatsächlich etwas gewachsen ist ("Es gibt alles Mögliche auf dieser Welt...") und um das auszuschließen macht sie einen Ultraschall. Das klingt jetzt vielleicht nicht so positiv, aber immerhin verstand mich diese Frau, weil das genau das war, was ich auch dachte...
Der Befund war durchgehend positiv, meine Eierstöcke und die Gebärmutter sehen gut aus und haben sich von der OP gut erholt. Die Ärztin erklärte mir, dass die Brustschmerzen vor der OP davon kamen, dass die Zyste den Eierstock dazu brachte, viel zu viel Östrogen zu produzieren, was die Brüste wachsen und schmerzen lässt. (Aber Eierstöcke haben NICHTS mit den Bürüsten zu tun, klar, liebes Krankenhauspersonal!?) Die OP bewirkte, dass es zu einem schlagartigen Abfall des Östrogenspiegels kam, also Schmerzen weg und Brüste wieder normal groß. Das führte allerdings auch zu einer Alarmreaktion meines Körpers, der das Östrogen erstmal wieder hochregulierte, also kam es wieder zu Brustschmerzen. Sie meinte, in einem Monat hat sich das wieder eingependelt und dann werde ich nichts mehr merken. Nach meiner nächsten Periode soll ich einfach irgendwann mal bei meiner Frauenärztin vorbeischauen und sie nochmal draufschauen lassen, ob alles ok ist, aber es spricht nichts dafür, dass da irgendwas nicht stimmt.

Der Erleichterung, dass mit mir körperlich alles in Ordnung ist, folgte rasch die übermächtige Wut auf die dämlichen Arschgeigen im Krankenhaus, bei denen man am besten mit einem Schreiben ankommt, wo man sich ausdrücklich dafür entschuldigt, dass es sich leider nicht vermeiden ließ, dass sie wegen einem nun tatsächlich arbeiten müssen. Und ich kam einfach nicht über dieses Ohnmachtsgefühl hinweg, diese Hilflosigkeit. Es war zwischenzeitlich so schlimm, dass ich den schier übermächtigen Drang danach hatte, mich zu betrinken, um die Gefühle zu betäuben, was ich aber glücklicherweise nicht gemacht habe. Interessant ist, dass diese Hilflosigkeit bei mir sofort Selbsthass auszulösen scheint. Das wird das Thema der nächsten Therapiestunde.

Fazit der ersten Hälfte des Tages ist allerdings, dass ich nie, nie, nie wieder ein Krankenhaus betreten werde, es sei denn, ich liege halbtot irgendwo herum. Ernsthaft.



Mittwoch, 19. Juni 2013
Endless Summer
Die Wall of Sleep hat wieder ein neues Design ☻ Sie präsentiert sich jetzt passend zum Wetter und zur momentanen Stimmung in sommerlich hellen Tönen....Also für meine Verhältnisse!
Der Header und der Hintergrund stammen von meinem Freund mit wenigen Überarbeitungen von mir. Ist schon praktisch, wenn man einen Freund hat, der für Photoshop lebt ^^



Donnerstag, 13. Juni 2013
Schmerzen
Eigentlich ist im Moment alles ziemlich in Ordnung bei mir und ich kann mich über wenige Sachen ersthaft beklagen. Allerdings ging es in den letzten Wochen, vor allem in den letzten 8 Tagen, bei mir ziemlich drunter und drüber.

Ich habe versucht, meine letzten Tage in Wiesbaden, in denen ich bereits frei hatte, so gut wie möglich zu genießen und auszukosten und ich denke, das ist mir auch gelungen. Am 27.05. habe ich bei strahlendem Sonnenschein eine Radtour am Rhein gemacht, dabei wundervolle Fotos geschossen und mich endlich mal wider richtig verausgabt - und mir war zu dem Zeitpunkt noch nicht bewusst, dass es das letzte Mal sein sollte.

Am Tag darauf merkte ich ein dumpfes Drücken im Unterbauch, wenn ich mit dem Rad über das Kopfsteinpflaster fuhr. Vielleicht etwas weniger stark als wenn man seine Tage hat. Ich dachte mir nichts dabei - jede Frau kennt von Zeit zu Zeit diffuse Unterleibsschmerzen. Getippt habe ich auf eine leichte Niereninfektion und habe mich die Tage geschont und gewärmt. Dann kam der Umzug zurück in die Heimat, bei dem ich wieder tapfer 27kg auf dem Rücken und 10kg am Fahrrad zwischen den Gleisen hin- und herschob.

Als das Bauchdrücken nach 1,5 Wochen nicht aufhörte, beschloss ich, zum Hausarzt zu gehen. Der tastete mich ab und meinte, es sind nicht die Nieren und mir war schon klar, dass es dann nur die Eierstöcke sein können.
Da im Osten akut Hochwasser ist und mein Frauenarzt abgesoffen ist, fuhr ich mit meiner (endlich wieder!) Mitbewohnerin und besten Freundin in die Notaufnahme, was sich letztlich als großes Glück erwies. Auf dem Ultraschallbild zeigte sich eine geplatzte gestielte Eierstockzyste von 5cm Durchmesser und Einblutungen. Schon als ich diesen riesigen schwarzen Fleck auf dem Bild sah, fing ich mit Weinen an. Die Ärztin sagte dann, das muss sofort operiert werden, sie machen mir derweil ein Bett frei und melden mich für die Not-OP an.

Ich hatte sonst nie irgendwas, wurde auch noch nie operiert, hatte aber keine wirkliche Angst davor. Die Angst kam erst, als der Arzt mir mitteilte, es könne sein, dass sich die Zyste um den Eierstock gedreht und ihn damit abgetötet habe. Dann müssten sie den ganzen Eierstock entfernen und ich hätte nur noch einen... Ich hielt mich damit über Wasser, dass ich ja keine wirklichen Schmerzen hatte und das sprach gegen einen toten Eierstock. Die Verunsicherung blieb aber natürlich.

Die OP verlief komplikationslos, hinterließ 3 kleine genähte Stellen am Bauch und in den ersten Tagen ganz fürchterliche Schmerzen, die mich ständig nach Schmerzmitteln verlangen ließen. Schlafen konnte ich nur noch auf dem Rücken (wie im Sarg) und jede Bewegung brachte Schmerzen mit sich, die meinen Kreislauf kollabieren ließen. So auch die Versuche der Nachtschwester wenige Stunden nach meiner OP, mich hinzusetzen. Zum Glück betäuben diese Schmerzen einen etwas, sonst wäre ich vermutlich gestorben. Der erste Tag nach der OP war der Horror. Ich hatte keine Stunde geschlafen, war mutterseelenallein im Zimmer, wurde von den Schwestern nicht ernst genommen und weinte zwischen 04 und 07 Uhr mein Kuscheltier nass, weil ich so verzweifelt war. Die Schmerzen hörten nicht auf, das Paracetamol schlug nicht an und keiner, mit dem ich reden konnte...
Ganz furchtbar war auch, als sich in der zweiten Nacht der Drainageschlauch für das Wundwasser von innen in meine Gebärmutter bohrte und ich das Gefühl habe, sie sei mir gerissen. Zu meinem Glück hatte ich eine ganz liebe Frau ins Zimmer bekommen, die immer wieder geduldig und beruhigend auf mich einredete, dass die Schmerzen normal seien und alles wieder gut werden würde...Mit einer Frau zu reden, die diese Schmerzen kennt, nahm mir irgendwie schonmal die halbe Last von den Schultern...Und als dann endlich der Drainageschlauch raus war, entspannte sich sofort meine Gebärmutter und die Schmerzen wurden aushaltbar. Am zweiten Tag nach der OP wurde ich dann entlassen.

Heute wurden die Fäden gezogen, es gibt noch eine klaffende Stelle am Bauchnabel, die gestützt werden muss, damit sie nicht aufreißt. Und ich muss mich sehr schonen, darf nichts heben etc.......Na ja, eigentlich mache ich es natürlich trotzdem. Ich war nie der Typ für's Rumsitzen und ab nächster Woche will ich auch wieder arbeiten gehen, weil ich sonst noch sterbe vor Langeweile. Die hab ich mir übrigens in den letzten Tagen damit vertrieben, mein Unizeug und meine sonstigen Unterlagen zu sortieren und meinen Kleiderschrank und mein Regal aufzuräumen. Ich bin froh, dass ich trotz der Umstände wenigstens noch etwas Produktives tun kann.
Momentan ist das Schlimmste für mich, dass ich keinen Sport machen kann. Mittlerweile schon die 3. Woche nicht. Ich bin es gewöhnt, 4-5x die Woche zu trainieren, entsprechend hibbelig bin ich momentan auch, ohne Kraft, aber voller Energie. Nervige Kombination...! Und das soll noch 4 Wochen so weiter gehen......Aber ich sehe mich schon, wie ich entgegen jeder ärztlichen Empfehlung in wenigen Wochen wieder Kniebeuge und Liegestütze machen werde, vielleicht auch Klimmzüge und Gewichtedrücken. Will immerhin nicht in 4 Wochen als der totale Lappen dastehen.